Was ist Go?

Go ist ...

Ein asiatisches Brettspiel mit zwei Buchstaben, sagt das Kreuzworträtsel
Das interessanteste aller Spiele, sagt der Amateur
Eine Herausforderung,sagt der Programmierer
Mein Lebensunterhalt,sagt der Berufsspieler
Kunst,sagt Literatur-Nobelpreisträger Kawabata
Teil unserer Kultur, sagt seine Exzellenz, der Botschafter

Sechs Antworten

auf eine einfache Frage, die einige der vielfältigen Facetten des 4000 Jahre alten Brettspiels beleuchten. Die ersten vier Auffassungen sind dem europäischen Betrachter wohl vertrauter als die beiden letzten.

Wie bei anderen Spielen gibt es auch im Go Profis und Amateure. Computerfachleute versuchen, ihren Rechnern das Spielen beizubringen, Fans verbringen ihre gesamte Freizeit mit "ihrem" Spiel. Doch Go ist mehr als ein Brettspiel. In ihm spiegeln sich asiatische Kultur und asiatisches Denken.

In China, Japan und Korea gilt Go daher nicht als Zeitvertreib, sondern als Kunst. Buddhistische Mönche haben sich damit ebenso intensiv beschäftigt wie die Samurai des klassischen Japan und die Mandarine Chinas.

Aus Strategien des Gospiels wurden Lehren für die Kriegskunst ebenso wie Prinzipien für erfolgreiches Wirtschaften abgeleitet. Viele Go-Spieler glauben, dass der Spielstil eines Kontrahenten Rückschlüsse auf seinen Charakter zulässt.

Worum geht es beim Go?

Go ist ein Gebietsspiel. Auf einem quadratischen Brett mit 361 Schnittpunkten horizontaler und vertikaler Linien versuchen zwei Spieler, mit schwarzen bzw. weißen Steinen Areale abzustecken. Am Ende gewinnt der Spieler, der das größere Gebiet bekommen hat.

Es geht also nicht darum, alles oder auch nur einen möglichst großen Anteil zu bekommen, sondern nur darum, zum Schluss etwas mehr zu haben als der Gegner.

TUCH.jpg
Furoshiki (Einschlagtuch): Lesende Hofdame im Stil der Heian-Zeit.
JAPGTT.jpg
Vier der sieben Glücksgötter beim Go-Spiel

Was ist das Besondere am Go?

Eine Partie hat durchschnittlich 200-250 Züge. Ein schneller "K.O.-Sieg" ist nicht möglich. Vielmehr entstehen aufgrund der Größe des Brettes meistens lokale Einflusssphären - in der einen Region hat der eine einen Vorteil, in einer anderen der andere. Hat man hier einen Verlust erlitten, kann man diesen oft an anderer Stelle wieder ausgleichen.

Im Spiel herrscht daher ein ständiges Geben und Nehmen. Stets muss man bereit sein, ein scheinbar schon gewonnenes Gebiet wieder aufzugeben, um es gegen einen Vorteil an anderer Stelle einzutauschen. Besonders wichtig ist es dabei, auf die Balance zwischen weißem und schwarzem Gebiet zu achten: Wer seinem Gegner gar nichts gönnt und ein zu großes Gebiet abzustecken versucht, steht am Ende nicht selten mit leeren Händen da.

Man kann Go entweder als sehr leicht oder sehr schwer ansehen. Leicht ist es, da die Spielregeln sehr einfach zu lernen und zu verstehen sind. Hierdurch entsteht jedoch eine fast unendliche Zahl von Kombinations- und Variationsmöglichkeiten. Aber gerade deshalb kann man Go auch als schweres Spiel betrachten. Wenn die Züge durch eine größere Anzahl von Regeln beschränkt wären, würde das Spiel selbst leichter für unser begrenztes Denkvermögen werden.

Aber so, wie die Regeln des Go-Spiels sind, können wir auf nichts Anderes zurückgreifen als auf unsere schöpferischen Fähigkeiten, so wie ein Maler ein Gemälde ohne Vorlage auf eine große Leinwand zeichnet. Obwohl jedes Spiel letztendlich in Sieg oder Niederlage endet, verlangt der Spielprozess genauso wie ein Kunstwerk kreative Talente.

Günter Cießow